Dass Schönheit im Auge des Betrachters liegt, könnte sich, zumindest wenn es um die optische Begutachtung von Oberflächeneigenschaften geht, als nicht mehr zeitgemäße Maxime herausstellen.
Denn das künstliche Auge des PCCL kann vorhersehen, was wir später "schön" finden werden. In der Kategorie der "Institutionen" konnte das Polymer Competence Center Leoben (PCCL) mit seinem Projekt "Measuring the Visible" die Finalrunde des Fast Forward Awards 2011 erreichen. Das Team um Projektleiter Dieter Gruber konnte sich in einem Feld von insgesamt 120 Bewerbern durchsetzen und darf sich im Finale am 14. September über einen Platz unter den Top 3 in seiner Kategorie freuen.
Das "Messen des Sichtbaren" ist genau jene Aufgabe, die das künstliche Auge schließlich im industriellen Einsatz erfüllen soll. Es ist gelungen die Eindrücke die man beim Betrachten einer Objektoberfläche sammelt, in mathematische Modelle zu integrieren. Dazu gehören Glanz, Struktur, Farbe, Opazität (Undurchsichtigkeit) etc., aber auch physikalische Eigenschaften der menschlichen Wahrnehmung wie z.B. Kontrasterkennung und Auflösungsvermögen des Sehapparates. Insgesamt 6 Patente wurden im Rahmen dieses Projekts angemeldet und erteilt. Außerdem wurde das System auf der weltgrößten Kunststoffmesse K2010 vorgestellt und stieß dort auf reges Interesse von Seiten der Industrie. Projektleiter Dieter Gruber: „Unsere Feldstudien konnten bestätigen, dass unsere Methode Messergebnisse hervorbringt, die außerordentlich gut mit der menschlichen Bewertung von Oberflächen korrelieren.“
Für den PCCL-Geschäftsführer Martin Payer zeugt insbesondere das Potential der industriellen Umsetzung von der Durchschlagkraft dieser Entwicklung aufgrund der stetig steigenden Anforderungen an die Oberfläche als Qualitätsmerkmal. „Eine perfekte Oberfläche unterscheidet von Erfolg und Nicht-Erfolg am Markt. Mit der Entwicklung dieses Systems, messen wir das bisher unmessbare – zum Nutzen unserer Kunden“, so Payer.
Beilage: 1 Bild (frei verfügbar)
Bildbeschreibung: Dieter P. Gruber (rechts, Projektleiter), Johannes Macher (mitte; Teammitglied) und Martin Payer (links, Geschäftsführer des PCCL) auf der weltgrößten Kunststoffmesse K2010 in Düsseldorf
Downloads: Folder klein, Folder A4
Ansprechpartner:
Mag. Martin Payer (Geschäftsführer)
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Tel.: +43 (0)3842 42962-0
DI Dr. Dieter P. Gruber (Projektleiter)
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Tel.: +43 (0)3842 42962-28
Hintergrundinformationen:
Die neu entwickelten Verfahren zur Vermessung und Simulation von Materialeigenschaften entstanden aus einem Konzept, welches drei werkstoffwissenschaftliche Themenfelder in sich vereint:
Das Themenfeld 1, die Werkstoff-Elektrodynamik, behandelt die Wechselwirkung von Licht mit Materialien auf der Grundlage der MAXWELL´schen Elektrodynamik. Daraus abgeleitete mathematische Formalismen ermöglichen die Berechnung von Reflexions-, Absorptions- und Transmissionseigenschaften von Materialien und Materialverbundsystemen. Dabei werden räumliche elektromagnetische Feldverteilungen unter Verwendung von Modellen der Vielfachreflexion, der Effektiv Medium- und der Streutheorie berechnet. Entsprechende Simulationsrechungen ermöglichen die Optimierung einer Vielzahl von optischen Werkstoffeigenschaften.
Das Konzept des am PCCL entwickelten Themenfeldes 2, der Erscheinungsbildcharakterisierung, lässt sich folgendermaßen zusammenfassen: Aus der Wechselwirkung des Lichtes mit Materialien entstehen Reflexionsfelder, welche die Grundlage für die visuelle Wirkung von Oberflächen bilden. Basierend auf mathematischen Modellbeschreibungen ermöglichen neuartige Simulationsmethoden die wahrnehmungsnahe Charakterisierung von Oberflächenerscheinungen wie beispielweise dem Glanzverhalt, der Wirkung von Strukturierungen oder der visuellen Wirksamkeit von Defekten. Ein entsprechendes, am PCCL entwickeltes, „künstliches Auge“ ermöglicht die wahrnehmungsnahe, jedoch schnelle und reproduzierbare IN-LINE Inspektion von Oberflächendefekten.
Im Rahmen des dritten Themenfeldes, der Mustererkennung und Oberflächeninspektion erfolgt die Anwendung der in den beiden erstgenannten Bereichen erarbeiteten Ergebnisse für die Erfassung, Charakterisierung und Klassifizierung von Oberflächenstrukturen und Defekten. Durch das Zusammenwirken dieser Themenfelder werden Inspektions- und Messverfahren realisiert, welche einerseits einen hohen Auflösungsgrad bei der Trennung und Klassifizierung von unterschiedlichen Oberflächenerscheinungen erzielen und andererseits Ergebnisse produzieren, welche mit der menschlichen Wahrnehmung korrelieren. Beispiele hierfür sind die Erfassung und Quantifizierung extrem geringer aber dennoch visuell wirksamer Ganzunterschiede oder die Klassifizierung von bisher auf automatisiertem Wege nicht unterscheidbaren Materialeinschlüssen. Letztlich konnten Rechenzeiten von an sich sehr zeitintensiven Modelrechnungen konnten deutlich reduziert und damit für den Messeinsatz verwendbar gemacht werden.
Über das PCCL:
Die Polymer Competence Center Leoben GmbH ist das führende österreichische Zentrum für kooperative Forschung im Bereich Kunststofftechnik und Polymerwissenschaften. Gemeinsam mit Unternehmen der Kunststoffwirtschaft und Universitäten (u.a. Montanuniversität Leoben) werden von den rund 90 hochqualifizierten MitarbeiterInnen F&E-Projekte für innovativen Kunststofflösungen in einem breiten Feld von Anwendungen (von Automotive-, Luftfahrt- und Packaging- bis hin zu Solaran- und Photovoltaikwendungen) bearbeitet. Auf Basis mittelfristiger Kooperationen arbeitet das PCCL hierbei eng mit namhaften österreichischen Unternehmen (u.a. AT&S, Andritz Hydro, FACC, Semperit oder Isovoltaic), aber auch mit „Global Playern“ wie CONTI, DOW oder Oerlikon Balzers zusammen. Als sogenanntes K1-Zentrum wird das PCCL auch im Rahmen des COMET-Programms der Österreichischen Forschungsförderungs¬gesellschaft (FFG) gefördert, wofür bis 2013 ein Budget von € 20 Mio. für die Forschung zur Verfügung steht.